Gesundheit von Fischen

Gesundheit von Fischen im Allgemeinen und von Koi im Besonderen:

Bei unbelebten Waren ist es in der Regel einfach zu klären ob sie in Ordnung (gesund) oder die zugesicherten Eigenschaften nicht haben (krank) sind. Auch sind Funktion und Eigenschaften in aller Regel schriftlich dokumentiert und damit leicht nachprüfbar.

Bei lebender Ware z.B. Pferden oder Hunden ist es schon um einiges schwieriger und mit erheblich mehr Aufwand verbunden festzustellen, ob sie in einwandfreiem Zustand sind oder einen Mangel haben und bei Fischen ist es noch einmal schwieriger. Jedenfalls bleibt bei jeder lebenden Ware ein gewisses Restrisiko bestehen, dass die Ware einen Mangel hat. Über dieses Restrisiko müssen sich Verkäufer und Käufer im Klaren sein.

Was bedeutet überhaupt Gesund oder Krank?

  • Gesundheit und Krankheit sind beobachterabhängige Konstrukte.
  • Die Beobachtung von Gesundheit und Krankheit erfolgt bei Fischen ausschließlich anhand von Verhalten und Symptomen.
  • Gesundheit und Krankheit sind demnach für sich nicht empirisch fassbar; sie entsprechen Konzepten, mit welchen die Symptome erklärt werden.
  • Gesundheit ist die korrekte Ausführung aller physischen und psychischen Funktionen eines Lebewesens.
  • Die Positionierung auf dem Kontinuum wird primär durch das Vorhandensein/die Absenz von physischen Krankheiten bestimmt.
  • Das Auftreten dieser Krankheiten wird unter anderem beeinflusst durch Risikofaktoren (Stressoren), welche die Wahrscheinlichkeit von Krankheiten und Verletzungen erhöhen und Schutzfaktoren, welche die Wirkung der Risikofaktoren beschränken.
  • Die Risiko- und Schutzfaktoren können in physische, soziale und physikalische Faktoren unterteilt werden.
  • Durch die Bekämpfung der Risikofaktoren und die Förderung der Schutzfaktoren wird die Chance für das Auftreten neuer Krankheiten verringert und die Positionierung auf dem Kontinuum verbessert oder erhalten.
  • Wenn sich durch die Verminderung von Risikofaktoren und die Förderung von Schutzfaktoren das Wohlbefinden des Individuums verbessert, kann sich seine Positionierung auf dem Kontinuum in Richtung Gesundheit verschieben.

Grafik zur Begünstigung der Entstehung von Krankheiten beim Fisch:

Abhängigkeiten003

Wie oben schon gesagt, sind Gesundheit und Krankheit beobachterabhängige Konstrukte. Die nicht beobachtete Krankheit bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass der Fisch Gesund ist!

Der Nachweis von einigen Fischkrankheiten ist nicht in jedem Fall möglich. So ist z.B. das Koi Herpes Virus KHV nur in bestimmten Situationen nachweisbar.

Wie die Grafik veranschaulicht, sind drei Faktoren dafür verantwortlich, ob der Fisch krank wird. Zunächst einmal er selber mit seinem aktuellen Zustand. Damit ist gemeint, ob sich der Fisch in einem physisch optimalen Zustand befindet oder ob er zum Beispiel durch den langen Transport von Japan nach Deutschland noch geschwächt ist.

Für diesen Zustand ist im Wesentlichen die Umwelt verantwortlich. Deshalb wird in der Grafik die Umwelt auch ins Quadrat gesetzt.

Umweltfaktoren sind:

  • Wassertemperatur
  • Wasserqualität
  • Futtermenge und Qualität

Neben den Umweltfaktoren ist auch das Vorhandensein von Erregern für das Ausbrechen von Krankheiten verantwortlich.

Erreger sind:

  • Parasiten
  • Bakterien
  • Viren
  • Pilze

Sind alle Faktoren in einem für den Fisch optimalen Zustand, so sind keine Krankheiten im Ausbruch, die Erreger sind sehr wohl vorhanden. Ein in Maßen mit Erregern und Parasiten kontaminiertes Wasser ist sogar erwünscht, damit der Fisch sein Immunsystem trainiert und ständig Abwehrmechanismen aktiv bleiben.

Es gibt keinen Parasiten- und Erregerfreien Teich. Selbst die Tatsache, dass bei einer Fischuntersuchung keine Erreger und oder Parasiten gefunden werden, bedeutet nicht, dass diese nicht vorhanden sind. Aber ein gesunder Koi ist in der Lage mit diesen umzugehen ohne zu erkranken.

Die Haltung von Fischen in Zierteichen, wie bei den Koi üblich, ist nicht mit der Lebensweise von Fischen in Seen zu vergleichen. Das Verhältnis von Wassermenge zu Fischmenge ist in unseren Koiteichen viel schlechter als in einem natürlichen Gewässer. Deshalb ist die Bedeutung der Wasserqualität (Umgebung²) auch so groß. Zusätzlich ist Wasser ein hervorragendes Lösemittel und der darin befindliche Fisch nimmt zwangsläufig alles das auf, was in das Wasser eingetragen wird.

Aus diesem Grund hat auch die Filtertechnik eine herausragende Bedeutung bei der Haltung von Koi.

Im Zusammenhang mit der Haltung von Koi wird auch häufig der Begriff Stress verwendet. Unter Stress versteht man in diesem Zusammenhang alles das, was auf den Fisch einwirkt und nicht optimal ist. Hierzu zählen schlechte Wasserbedingungen, eine schlechte Ernährung, ein zu hoher Fischbesatz im Teich, aber auch der Transport von Koi, das häufige Keschern, Vögel auf Nahrungssuche (Reiher), ständig wechselnde Wasserbedingungen und viele mehr. Auch eine schnelle Veränderung hin zum vermeintlich besseren (großer Wasserwechsel) ist Stress für den Fisch und daher abzulehnen.

Nimmt der Stress überhand, so werden die Fische krank. In der Regel nicht alle auf einmal, sondern der empfindlichste zuerst. Dies äußert sich zunächst in einem starken Befall mit Parasiten. Wird dieser dann nicht umgehend behandelt, entstehen aus den Wunden, die die Parasiten dem Fisch zufügen, bakterielle Infektionen. Wird auch hier nichts unternommen und bleiben die Stressoren bestehen, so verenden die Fische.

Im Handel werden jedes Jahr sehr große Mengen an Koi verkauft. Der Großteil der verkauften Koi ist jedoch Billigfisch von minderer Qualität, ein Massenprodukt, bei dem auf Grund des Preises der Aufwand für eine möglichst genaue und sorgfältige Untersuchung in keinem Verhältnis zum Verkaufserlös des Fisches steht. Wie weiter oben erwähnt, so wäre diese Untersuchung sowieso nur begrenzt aussagefähig wegen der mangelnden Nachweisbarkeit.

Der seriöse Koihandel wird jedoch von erfahrenen Fachleuten durchgeführt. Diese sind in der Lage mit einer relativ großen Sicherheit, die akuten Krankheiten zu erkennen, die Fische entsprechend zu therapieren und nur gesunde Fische an den Endkunden abzugeben. Gerade im Fischhandel ist eine jahrelange Erfahrung durch nichts zu ersetzen.

Deshalb gibt es auch keine allgemein gültige Regel, wie mit Fischen zu verfahren ist, bevor diese an den Endkunden abgegeben werden. Der erfahrene Händler wird die Fische bei 18 bis 23°C Wassertemperatur halten und den erforderlichen Untersuchungen unterziehen. Die heute erforderlichen Untersuchungen sind:

  • mindestens ein KHV Test
  • ein Abstrich und die damit verbundene Untersuchung auf Parasiten
  • eine optische Kontrolle des Fisches von allen Seiten
  • eine Kontrolle des Verhaltens des Fisches (normales Schwimm- u. Fressverhalten, keine klemmenden Flossen, kein absondern, springen und oder scheuern)
  • ruhige Atmung

Das Untersuchungsergebnis eines KHV Tests liegt in der Regel nach einer Woche vor. Wenn der Händler dann noch eine Woche wartet und die Fische kein absonderliches Verhalten zeigen, dann ist es durchaus statthaft, die Fische nach dieser „Quarantäne“ zu verkaufen. Zumindest hat der Händler alles Notwendige getan, sicherzustellen, dass der Fisch soweit man das feststellen kann, gesund ist.

Wie weiter oben erwähnt, so muss zwangsläufig der Aufwand für die Untersuchung von Fischen in einem passenden Verhältnis zum Wert der Fische, aber auch zum Risiko für den Händler und den Kunden stehen.

Auch dem trägt der gute Koifachhandel Rechnung. Ein Koihändler kennt in der Regel seine Kunden. So liegt es in seinem eigenen Interesse, wenn er hochpreisige Fische verkauft, sicherzustellen, dass diese Fische auch in einen Teich kommen, in dem sie überleben können. Das heißt er wird überprüfen, ob der Teich eine ausreichend gute Filterung hat, ob die im Teich bereits vorhandenen Fische in Ordnung sind und ob die Wasserqualität stimmt.

Gleiches gilt für den Aufwand den der Händler betreibt, sicherzustellen, dass der hochpreisige Fisch auch tatsächlich gesund ist. Hierzu zählen eine länger andauernde Quarantäne, mehrfache KHV Tests und mehrfache Abstriche auf Parasiten. Letztlich ist auch hier wieder die Erfahrung des Händlers entscheidend, den richtigen Zeitpunkt für die Übergabe des Koi an den Kunden zu bestimmen.

Gleichermaßen weiß auch der Sammler hochwertiger Koi, der ja meist auch schon einen gewissen Wert in seinem Teich hat, um das Risiko des Koikaufes.

Wegen der Vielzahl an Krankheitserregern die es heute gibt, verbietet sich auch der Fischkauf aus verschiedenen Quellen. Es ist heute notwendig, Koi immer nur aus einer Quelle zu kaufen. Nur dann haben sowohl der Händler als auch der Käufer, die Chance, die Fische gesund zu erhalten.

Ob der Kunde eine eigene Quarantäne machen sollte, hängt wie weiter oben beschrieben, vor allem vom Risiko ab. Der Kunde, der nur billige Fische hat, hat in der Regel auch keine ordentliche Quarantänemöglichkeit. Eine gute Quarantäneanlage ist teuer, sie muss neben einer ausreichenden Größe, über eine eigene Filteranlage und Heizung verfügen. Da die Wassermenge in der Regel kleiner ist als im Teich, kommt der Filtertechnik eine noch größere Bedeutung zu als bei einem Koiteich. Die Quarantäne nutzt schließlich nur, wenn die Wasserqualität dort ausgezeichnet ist. Im anderen Fall könnte sie für die Erkrankung der Fische verantwortlich sein. Deshalb gilt hier, verfügt der Koikunde über eine gute und eingefahrene Quarantäneanlage, dann sollte er um sein Risiko Krankheiten einzutragen zu vermindern, die Fische ebenfalls für einige Wochen in Quarantäne setzen, verfügt er nicht über eine gute Quarantäne, dann ist es besser die Koi direkt in den Teich zu setzen. Im guten Koifachhandel wird diese Entscheidung immer in Absprache zwischen Händler und Kunde getroffen.

Koi sind, anders als Goldfische, weitaus pflegeintensiver. Auch an den Teich werden größere Anforderungen gestellt. Hier trägt auch der Koikunde seinen Teil der Verantwortung. Er sollte über die nötige Sachkenntnis verfügen, den Zustand der Fische zu erkennen. Dies ist nötig beim Koikauf, aber auch bei der Haltung, um kritische Situationen schnell zu erfassen und angemessen reagieren zu können. Dazu gehört auch, dass der Koihalter in der Lage ist, seine Wasserqualität zu überprüfen um sicherzustellen, dass nicht eine mangelhafte Wasserqualität der Auslöser für den Ausbruch von Krankheiten darstellt.

Die Haltung von Koi ist ohne diese Sachkenntnis des Koihalters nach meiner Erfahrung kaum möglich. Zwar bieten einige Koihändler und Fischtierärzte hier ihre Dienste an, aber da bei Ausbruch von Fischkrankheiten ein schnelles Handeln das oberste Prinzip ist, sind die externen Dienstleister immer zu spät. Vor allem auch, weil der Koihalter ohne Erfahrung und Kenntnis ja selber viel zu spät erkennt, dass er diese Dienstleister informieren muss.

Wir sind in unserem täglichen Leben gewohnt, dass wir alles mit Normen und Regeln überprüfen können. Leider handelt es sich beim Fisch um eine äußerst verderbliche Ware, der man oft nicht ansieht in welchem Zustand sie sich befindet. Koikauf ist Vertrauenssache und verlangt sowohl vom Verkäufer als auch vom Koikäufer erhebliche Sachkenntnis und den Verantwortungsvollen Umgang mit der Ware.

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